„Du bist aufstrebender Reporter, der sich auf Live-Berichterstattung spezialisiert hat“ oder „Du bist Ministerpräsidentin eines Bundeslandes in Neuland“ – so lauteten zwei der vielen Beschreibungen, die auf den Rollenkarten zu lesen waren.
Am 29.04.2025 schlüpften über 70 Schülerinnen und Schüler aus den 11. Klassen in eine Rolle, die sie in den folgenden fünf Stunden mit Leben füllen mussten. Sie alle waren Teil des Planspiels „Wer regiert Neuland?“, das die Organisation CRISP aus Berlin speziell für Schulen entwickelt hat.
Unter der Leitung von Frederick Broers, der zuvor im Bereich der multilateralen Partnerschaften bei UNDP sowie für Amnesty International Niederlande gearbeitet hat, erarbeiteten sich die Schülerinnen und Schüler ein umfassendes Bild über aktuelle politische Themen, die bei der Bildung einer Regierungskoalition derzeit wichtig sein könnten. Neben Fragen zur Migration stand beispielsweise auch der Klimawandel auf der Tagesordnung.
Basierend auf den Wahlergebnissen der letzten Bundestagswahl wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beliebig den Parteien zugeordnet. Einige Schülerinnen und Schüler übernahmen die Rolle der Pressevertretung. Nach einer Einarbeitungsphase begannen die ersten Annäherungen und Verhandlungen innerhalb der Partei und später über Parteigrenzen hinaus.
Diskussions- und Kompromissbereitschaft waren gefragt und einige hitzige Debatten verlangten den Schülerinnen und Schülern einiges ab. Es wurde verhandelt, abgewogen, abgestimmt und wieder verworfen. Das Ziel war die Bildung einer stabilen Regierungskoalition mit einem schriftlich fixierten Koalitionsvertrag und verteilten Ämtern.
Dabei durfte die eigene Rolle nicht außer Acht gelassen werden, aber auch das gemeinsame Ziel einer Regierungsbildung galt es zu erreichen. Im Laufe der Stunden zeigte sich, wie komplex diese Aufgabe ist. Zusätzlich angetrieben durch geschickte Fragen der Presse bildeten sich immer wieder Grüppchen zu Krisengesprächen. Statements mussten formuliert werden, die weder zu viel noch zu wenig Informationen preisgeben sollten.
Durchaus realitätsnah wurde verhandelt, bis schließlich gegen Mittag ein Ergebnis verkündet werden musste. Auch hier zeigte sich, wie kompliziert und langwierig Koalitionsverhandlungen sein können. Neben stabilen Regierungskoalitionen in zwei von drei 11. Klassen platzte in der dritten Klasse kurzfristig der Koalitionsvertrag.
Eine Regierung kam somit nicht zustande und Neuwahlen wären nötig gewesen. Die betroffenen Gesichter zeigten die Enttäuschung einiger „Politikerinnen“ und „Politiker“, die lange für einen Kompromiss gekämpft hatten. Durchaus mit Stolz wurde in einer anderen Klasse ein mühevoll ausgearbeiteter Vertrag in der „Pressekonferenz“ vorgestellt.
Was bleibt am Ende des Tages? Sicherlich konnten Einblicke in Themen, Parteien und in die Arbeit der Presse gewonnen werden. Aber vor allem wurde deutlich, dass Demokratie niemals einfach ist und immer auf Kompromissen beruht.
Die Meinungsvielfalt und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen sind das Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
„Es war anstrengend, aber die Zeit verging wie im Flug“, fasste ein sichtlich erschöpfter Schüler den ereignisreichen Vormittag zusammen.
Das Bündnis „Demokratie leben“ sowie der Förderverein ermöglichten dem 11. Jahrgang diesen Politikunterricht der etwas anderen Art durch ihre großzügigen Spenden, wofür wir uns herzlich bedanken.