Als Jugendoffizier Dhany Sahm vor rund einem Jahr das Meranier-Gymnasium besuchte, tobte seit wenigen Wochen der Krieg in der Ukraine und zehntausende Menschen befanden sich auf der Flucht. Damals hofften alle auf einen schnellen Friedensschluss.
Heute, ein Jahr später, steht der Jugendoffizier wieder vor den Schüler*innen der Q12 in der Aula des MGL. Der Krieg in der Ukraine dauert noch immer an. So stellt sich gleich zu Beginn des Vortrags die Frage: Wie hat sich die sicherheitspolitische Lage in der Welt seit Februar 2022 verändert? Was ist geblieben von der sogenannten „Zeitenwende“, die Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Ansprache genannt hat?
Die drängendsten Fragen der Schüler*innen sind aber: Wie kann Deutschland der Ukraine helfen? Sind Waffenlieferungen sinnvoll? Hauptmann Dhany Sahm beginnt seinen Vortrag zunächst mit einem historischen Rückblick, der die Geschichte und Entwicklung der NATO seit ihrer Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg, im Schatten des Kalten Krieges, beleuchtet. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Wiedervereinigung Deutschlands löste sich der Warschauer Pakt, gedacht als Gegengewicht zur NATO, auf und es stellt sich die Frage, welche Aufgaben die NATO zukünftig übernehmen sollte, da die Eindämmung des Kommunismus als Hauptziel nun nicht mehr relevant war. Die NATO erweiterte ihr Wirkungsgebiet und kam sowohl in Jugoslawien in den 1990er Jahren als auch nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zum Einsatz. Der Jugendoffizier erläutert hierbei Zielsetzungen der NATO aber auch Mechanismen, die z.B. den sogenannten NATO-Bündnisfall auslösen.
Anschließend wird die Geschichte der Ukraine und deren Verhältnis zu Russland genauer betrachtet, um die gegenwärtige Konfliktsituation besser zu verstehen. Untermauert von Interviews, Fotos und Zitaten vermittelt Hauptmann Sahm knapp und verständlich die politische Haltung und Zielsetzung der russischen Staatsführung unter Präsident Putin.
Für viele Abiturient*innen stellt sich nun vor allem die Frage, ob und inwieweit die NATO in diesen Krieg eingreifen kann und darf. Zur Beantwortung zog Hauptmann Sahm Aussagen und Dokumente der NATO-Führung heran, die eindeutig besagen, dass die NATO nicht aktiv in den Krieg eingreifen kann und darf.
Die Frage nach Waffenlieferungen wird im Anschluss kontrovers diskutiert und zeigt, wie komplex politische Entscheidungen sind, die sich nicht immer mit Moral- und Wertvorstellungen unter einen Hut bringen lassen.
Der Blick geht aber auch über Europa hinaus, so diskutieren die Schüler*innen angeregt mit dem Jugendoffizier über die politischen Kräfteverhältnisse auf internationaler Bühne. Vor allem China rückt immer weiter in den Fokus. Der überaus interessante Vortrag, der viel Hintergrundwissen zum Ukraine-Krieg und der NATO lieferte, endet mit einer eher beunruhigenden Aussage des Referenten: „Nicht Russland und die USA werden die Supermächte sein, die sich langfristig als politische Gegner gegenüberstehen. Der größere Konflikt steht noch bevor: China will in den nächsten 20 bis 30 Jahren Supermacht werden und sieht den europäischen Westen als Verbündete der USA als größten Feind.“
Möge sich diese Prognose lieber nicht bewahrheiten.
Wir danken Hauptmann Dhany Sahm für seinen Besuch. Bleibt zu hoffen, dass der Ukraine-Krieg bei seinem nächsten Vortrag bei uns kein Thema mehr sein wird und es endlich zu einem Friedensschluss kommt.