„Mal was anderes“, „Ich hätte nie gedacht, dass ich bei einem Schultheater im Publikum weinen muss.“ „Ganz großes Theater“ „Schweres Stück, gut gespielt. Schön inszeniert. Runde Sache.“
Die Stimmen nach dem Verklingen des Applauses könnten nicht positiver sein. OStRin Christina Weisenseel hat zusammen mit der Theater AG eine mutige Inszenierung des Bühnenstücks „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ von Jens Raschke gezeigt.
Schon die Bühne ist diesmal ungewöhnlich. Links in der Sporthalle des MGLs steht eine Art großes Podest auf mehreren Ebenen, Kletterseile hängen von der Decke, eine Seite ist mit silbernem Vogelabwehrband abgesperrt. Daneben klebt ein stilisierter Schornstein, den ein Judenstern ziert. Das verspicht, keine leichte Kost zu werden. Auch die Kostüme sind eher reduziert: Alle Tiere des Buchenwalder Zoos tragen Sportkleidung, dazu eher stilisierte Halbmasken.
Trotzdem oder gerade deswegen gelingt es der TheaterAG, die insgesamt aus 31 Schüler*innen besteht, den Zoo des KZs Buchenwald aus einer ganz eigenen Perspektive zu zeigen: Fast alle Schauspieler*innen sind zweimal 40 Minuten ununterbrochen auf der Bühne. Neben der Haupthandlung gibt es viele kleine Geschichten, die das aufmerksame Publikum verfolgen kann. Da ist z.B. eine stolze Entenmama, die den Rehen ihren Nachwuchs präsentiert. Oder die beiden putzigen Murmeltiermädchen, die permanent ihre Lollis verlegen. Und trotzdem bleibt der Ernst der Thematik nie unbeachtet – die Grundfrage „hinschauen und handeln oder sich bequem einrichten und Ignoranz üben“ verdichtet sich in dem Konflikt zwischen Papa Pavian und Bär. Während der Affe am Ende versucht, seine Haut zu retten (und trotzdem stirbt), opfert sich der Bär für die gute Sache und zerstört den Schornstein.
Unterstützt wird die starke Bildsprache durch sorgsam ausgewählte Hintergrundmusik, die manchmal bis an die Schmerzgrenze geht: Da läuft Louis Armstrongs „What a wonderful world“ direkt nach Rammsteins „Deutschland“ und auch die ironische Wahl von „Sweet Home Alabama“ dürfte den einen oder die andere zumindest irritiert haben. Reibungslos klappt an beiden Abenden auch die Licht- und Tontechnik – beides souverän gesteuert von der TechnikAG unter Leitung von StR Felix Würke.
Das Stück endet nach gut 80 Minuten tragisch: Alle Tiere sterben während eines Bombenangriffs. Die durchchoreografierte letzte Szene lässt die Schauspieler*innen symbolisch ihre Maske ablegen und die Zuschauer*innen betroffen zurück. Alle Schauspieler*innen und die Regie stehen in einer langen Reihe und blicken ausdruckslos von der Bühne. Der letzte Ton von Bette Millers „The rose“ verklingt. Es folgt eine schweigende Verbeugung.
Der lange Applaus – bei der Premiere sogar mit Standing Ovations – honoriert die mutige Stückwahl und zaubert allen Akteur*innen dann endlich ein stolzes Lächeln ins Gesicht. So endet ein eindrucksvoller Theaterabend.